Herr Manojlovic, Sie feiern bei Drahtzug 40-jähriges Dienstjubiläum.
Diese Betriebszugehörigkeit ist heutzutage eher selten …
Tatsächlich sind es zwei Stationen. Ich war zunächst 20 Jahre bei der Psychiatrischen Uni-Klinik Zürich als Gruppenleiter Logistik beschäftigt. Drahtzug hatte im Jahr 2000 diese Abteilung übernommen und in die eigenen Strukturen eingegliedert. Diese Umstellung war am Anfang schwierig für mich. Ich hatte eine gewisse Routine und vor der Veränderung etwas Bammel. Aber bereits nach einer Woche bin ich bei Drahtzug angekommen. Meine Vorgesetzten haben mich perfekt unterstützt. So kam ich zum Drahtzug und nun insgesamt zu diesem schönen Jubiläum.
Was hat Sie so lange hier gehalten?
Ja, 40 Jahre sind eine lange Zeit. Da denken sicher viele, mit dem stimme etwas nicht. Ich habe mich aber immer wohlgefühlt und empfinde meine Aufgabe als sehr sinnvoll. Auch gab es genügend Abwechslung und Veränderungen im Betrieb. So bleibt man dynamisch und motiviert. Und mit solch einem engagierten Team und einer Geschäftsleitung, die einen fördert und unterstützt, vergehen diese Jahre wie im Flug.
Was genau ist Ihre Aufgabe als Gruppenleiter Betriebsunterhalt?
Meine Gruppe betreut den Unternehmensbereich «Gebäudeunterhalt». Wir bieten Instandhaltungsarbeiten und Dienstleitungen an, um Gebäude und Liegenschaften professionell zu pflegen. Wir achten darauf, dass alles technisch funktioniert, sorgen für Ordnung und Sauberkeit der Gebäude oder führen Unterhaltsarbeiten im Aussenbereich durch. Als Gruppenleiter bin ich gleichermassen für die betriebliche Organisation, für die soziale Begleitung der Mitarbeitenden mit einer psychischen Beeinträchtigung sowie für den wirtschaftlichen Erfolg verantwortlich.
Wie gefallen diese Tätigkeiten Ihren Mitarbeitenden?
Es ist sehr abwechslungsreich. Fast jeden Tag können sie andere Arbeiten ausführen. Wir schauen und besprechen mit ihnen, was sie heute machen möchten, wie sie sich fühlen und zu was sie in der Lage sind. Haben sie eine gute Stimmung, können sie sich konzentrieren. So schaffen wir immer wieder neue Herausforderung, was sehr gut ankommt. Schliesslich will jeder das tun, was ihm Freude macht und darauf stolz sein kann. Dieser einfühlsame Umgang ist entscheidend, was auch uns vor Herausforderungen stellen kann. Ich bin sehr zufrieden mit dem Miteinander. Die Kommunikation unter Menschen ist alles.
Wie entwickelt man die nötige Nähe?
Es braucht sehr grosses Vertrauen. Und das braucht eine gewisse Zeit. Teilweise kenne ich Mitarbeitende schon seit über 30 Jahren. Irgendwann kommuniziert man auf einer Ebene. Wir werden zu «Kollegen». Das bedeutet den Mitarbeitenden sehr viel. Sie können mit jedem Problem zu mir kommen und wissen ganz genau, was sie von mir erwarten können, was ich ihnen anbieten kann. Bei allem müssen wir aber auch immer eine professionelle Distanz wahren.
Was können Sie ihnen anbieten?
Ich höre ihnen zu und habe Verständnis. Ich nehme mir Zeit. Egal, ob es private Probleme sind oder bei der Arbeit. Man muss einfach spüren, was sie brauchen. Durch meine tägliche Aufgabe merke ich, was das ihnen bedeutet. Und das schenkt mir grosse Freude. Ebenso begleiten wir Lernende. Es ist immer schön, mit jungen Menschen zusammen zu arbeiten und sie aufs Leben vorzubereiten. Pflichtbewusstsein und Arbeitsmoral beizubringen, eine Vorbildfunktion zu sein.
In 40 Jahren erlebt man sicher eine Menge berührender Geschichten …
Das stimmt. Ich habe sehr viel erlebt. Schönes und Trauriges gleichermassen. Einer meiner Mitarbeitenden beispielsweise war ein kompletter Einzelgänger und hat alle Kontakte zur Familie abgebrochen. Ich habe den gesamten Prozess begleitet, versucht ihn zu verstehen und Handlungsalternativen aufgezeigt. Es brauchte Zeit bis sich beide Seiten wieder angenähert haben.
Wie schafft man das?
Man muss spüren, wo das Problem liegt. Was ist der Grund für diese Unzufriedenheit. Ich habe ganz viele Gespräche geführt, die Beziehung zu ihm behutsam aufgebaut. Grundsätzlich müssen wir unsere Mitarbeitenden sehr gut kennen. Wir müssen wissen, wo ihre Stärken und Schwächen sind. So können wir gezielt auf sie eingehen und sie auch beruflich exakt nach ihren Fähigkeiten einsetzen. Im Zentrum steht die Reintegration in die Gesellschaft. Sie dürfen nicht isoliert werden.
Wie bewerten Sie die Teamarbeit?
Eigentlich wollte ich mich frühzeitig pensonieren lassen. Mir ist das Team aber so ans Herz gewachsen, dass ich immer noch hier bin. Gerade in meinem Unternehmensbereich haben wir eine grosse Harmonie. Jeder muss Verantwortung übernehmen und seinen Teil zur guten Stimmung im Team beitragen. Wichtig ist, dass man vieles gibt. Nur so bekommt man die schönen Seiten zurück. Wir sind sehr gut organisiert und unterstützen uns gegenseitig. Das ist einfach grossartig. Entscheidend dabei ist, dass sich dieses Miteinander sehr positiv auf unsere Mitarbeitenden auswirkt. Sie spüren diesen Zusammenhalt.
Wie sehr hat sich Drahtzug in 40 Jahren verändert?
Grundsätzlich befasse ich mich mit zwei Dingen – mit wirtschaftlichen und sozialen Aspekten. Vor 30, 40 Jahren sah der Geschäftsbereich noch anders aus. Vieles hat sich in den Beschäftigungsstrukturen verändert. Damals hatten wir vor allem Verpackungsarbeiten oder Verteilservices für Werbung. Alles war durch manuelle Arbeit geprägt. Heute ist das meiste automatisiert und elektronisch. Aber auch vielfältiger.
War früher denn besser?
Es war körperlicher. Man musste mehr anpacken, was ich persönlich sehr geschätzt habe.
Heute gibt es mehr Bürokratie, natürlich auch weil wir stark gewachsen sind. Der komplette Verlauf der Betreuung muss beispielsweise dokumentiert werden. Zudem gibt es viele Vorgaben und Gesetze, die in der Praxis eingehalten werden müssen. Dadurch fehlt dann manchmal etwas Zeit für soziale Arbeiten mit unseren Mitarbeitenden. Hier müssen wir unbedingt Sorge tragen.
Was bedeutet Drahtzug für Sie persönlich?
Eine sinnvolle Aufgabe, meine Existenz, gute Teamarbeit und auch meine eigene Tagesstruktur im Leben.
Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft und für Drahtzug als Institution?
Er soll genau so weitermachen, vorwärts schauen und die Mitarbeitenden weiterhin gut begleiten. Das ist das Wichtigste. Privat habe ich klare Pläne. Ich bin mittlerweile Grossvater und freue mich auf mehr Zeit mit meinen Enkeln. Und diese habe ich ja bald.
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