Gespräch mit Kurt Orlandi und Beatrice Roth

«Ich blicke auf viele schöne Momente zurück.»

Bei Drahtzug endet eine Ära. Nach fast 40 Jahren verabschiedet sich Geschäftsleiter Kurt Orlandi per Ende März 2023 in den wohlverdienten Ruhestand. In seine Fussstapfen tritt Beatrice Roth. Die studierte Betriebswirtschaftlerin war zuletzt Mitglied der Geschäftsleitung von Agogis. Ein Gespräch übers Abschliessen und neu Anfangen.

Im Sommer wären es genau 40 Jahre gewesen. Seit Juli 1984 arbeitete Kurt Orlandi bei Drahtzug. Zehn Jahre davon prägte er das Unternehmen als Geschäftsleiter mit. Dabei stand bei ihm von Anfang an der Mensch im Zentrum. Schon mit 22 Jahren interessierte sich Kurt Orlandi für Psychologie und führte viele Gespräche mit seiner an Demenz erkrankten Grosstante. Er merkte schnell, dass ihn diese Thematik faszinierte. Als er dann ein Stelleninserat von Drahtzug in der Zeitung sah, bewarb er sich kurzerhand. «Ich war blutjung und hatte keine Ahnung von Tuten und Blasen», erinnert er sich zurück. Doch sein lebhaftes Interesse verschaffte ihm die Stelle. Es war der Beginn einer Karriere mit Höhen und Tiefen, wobei Orlandi seiner Arbeit immer mit Leidenschaft nachging.

«Für mich stimmte der Ausdruck Klient:innen nie.»

Er selbst findet nicht, dass sich Drahtzug allzu gross verändert habe, das Kernthema sei nach wie vor das Gleiche. Natürlich wurden im Hintergrund Prozesse laufend optimiert und die Institution ist heute um einige Angebote reicher. Aber es geht nach wie vor darum, Menschen zu unterstützen, die diese Unterstützung brauchen. Dabei spricht und sprach Orlandi immer von Mitarbeitenden. «Für mich stimmte der Ausdruck Klient:innen nie. Es sind nun mal Mitarbeitende, für die wir uns engagieren. Menschen.» Es geht um Selbstbestimmung, Inklusion und Allltag. Um so wenig Begleitung wie nötig und grösstmögliche Unterstützung. Dass auch andere Institutionen ihre Einstellung ändern und nachziehen, war eines seiner Ziele. Heute habe sich bereits viel in diese Richtung getan, erzählt Orlandi im Gespräch. Er freue sich, dass sich die Mitarbeitenden bei Drahtzug im Alltag wohlfühlen. Immer wieder kommen Personen auf ihn zu und erzählten ihm, wie gerne sie zu Drahtzug kommen, um zu arbeiten.

Besonders ein Erlebnis habe ihm gezeigt, dass Drahtzug nicht nur Arbeitgeber, sondern ein Zuhause – eine grosse Familie – sei. Damals verstarb ein Mitarbeiter bei Drahtzug. Monate später suchte die Schwester des Verstorbenen den Kontakt zu Kurt Orlandi. Sie war überzeugt, dass ihr Bruder genau dort gestorben war, wo er sterben wollte. Denn Drahtzug sei sein Zuhause gewesen. Eine Geschichte, die ihm noch heute unter die Haut gehe.

«Mein Motto? Luege, lose, laufe.»

Drahtzug als Arbeitgeber und Zuhause, das soll auch in Zukunft so bleiben. Denn auch für Beatrice Roth, ab April 2023 Nachfolgerin von Orlandi, steht der Mensch im Mittelpunkt. Genau diese Quintessenz des Lebens sei einer der Treiber, der sie zu Drahtzug gebracht habe: «Die meisten Menschen  möchten einen Beitrag zur Gesellschaft leisten und sollte auch die Möglichkeit haben, dies zu tun. Egal, was die Voraussetzungen sind.», davon ist das ehemalige Mitglied der Geschäftsleitung von Agogis überzeugt. Sie freue sich auf die neue Herausforderung und darauf, Teil der neuen Ära sein zu dürfen. Roth bringt nicht nur menschliches Gespür und Empathie mit, sondern fundiertes Wissen und Erfahrungen aus einer langjährigen Karriere in der Branche. Zu Beginn wolle sie das Unternehmen erst mal erfassen. Jetzt habe sie noch die unvoreingenommene Aussensicht. Ihr Motto: Luege, lose, laufe. So sei sie auch privat: «Ich denke, es ist wichtig, nicht in einer Situation zu verharren, sondern anzunehmen, was ist und dann ins Handeln kommen». Für den nötigen Ausgleich treibt Beatrice Roth gerne Sport und besucht kulturelle Veranstaltungen. «Ich brauche sehr viel Bewegung». Besonders Langlaufen und Schwimmen schätzt sie sehr. «Im Winter fahre ich dann ins Wallis, das liegt wohl am Walliser-Gen in mir.», ergänzt die 53-Jährige.

Beatrice Roth übernimmt die Geschäftsleitung per 1. April 2023.

Das Drahtzug-Team wünscht Beatrice Roth einen guten Start, freut sich auf die Zusammenarbeit, und dankt Kurt Orlandi ganz herzlich für seinen einzigartigen Einsatz.

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